Kristian Köhntopp schreibt unter der überschrift „Touching My Desktop“ spannende Dinge über das neue Layout von Google+. Und Windows 8. Und MAC OS X Lion. Und in den Kommentaren zu seinem Artikel kommt auch noch Gnome dazu. Die wesentliche These ist:
Genau wie Windows 8 oder Apple hat Google das Problem, Anwendungen für eine neue Geräteklasse und Verwendung in neuen Lebenssituationen anpassen zu müssen.
Immerhin: Es gab früher Computerfirmen, die zu lange an „ihren“ alten, für neu-Nutzer untauglichen UI-Konzepten festgehalten haben. Das scheint diesmal nicht das Problem zu sein, die Firmen vergrätzen lieber „Bestandskunden“ um noch ein paar Neukunden zu gewinnen. Gleichzeitig finde ich es seltsam, denn die damaligen Sprünge an Neu-Nutzern (10x in einem Jahr oder so) erwarte ich jetzt nicht mehr.
Technisch könnte ein Teil der Antwort „Model-View-Controller“ sein, das läuft auf spezialisierte Apps hinaus.
Aber das ist eben auch nicht der Traum vom Geräte-unabhängigen Internet. Das ist teuer für die Firmen, das macht einen starken Lock-In für die Anwender, und die verschiedenen Apps halbwegs Feature-äquivalent zu halten ist doof, komplex, fehleranfällig und am Ende eben auch wieder teuer, das heisst drei Apps entwickeln kostet deutlich mehr als die dreifachen Entwicklungskosten einer App.
Vielleicht haben wir hier „einfach“ eine neue Design-Komplexität, die noch niemand (!) wirklich gut gelöst hat. So ist IT eben: Sobald ein Problem halbwegs gelöst ist, lauert das nächste.
Irgendwann war effektive Datenspeicherung ein Problem (zwei Ziffern für Jahreszahlen und so), CPU-Kapazität war mal ein Flaschenhals und Hauptspeicher. Auf dieser Ebene sind es heute eher Latenzen und Bandbreiten. Die „Browser Wars“ und Feature-Inkonsistenzen zwischen Browsern kommen inhaltlich diesem Thema ziemlich nahe, und jetzt – wo die Standardisierung in der Web-Welt langsam zu funktionieren beginnt – kommt die Explosion der zu bedienenden Endgeräte und Verwendungskontexte hinzu. Das W3C war da mit CC/PP (seit ~1999, ironischerweise in verschiedenen Ausprägungen bis Juli 2010) wohl ein wenig früh dran.
Einfach nur das Wissen um ein Geräte-Profil scheint zur Lösung auch nicht beizutragen. Ich vermute, dass es auf mehrere Apps hinausläuft (so wie es Facebook auch vormacht), und dass eine intelligente Segmentierung der Apps nach Verwendung und Geräteklasse der Schlüssel zum Erfolg. Eine Firma wie Google müsste drei Apps noch stemmen können, aber ein Dutzend wahrscheinlich nicht mehr.
Meine Kristallkugel sagt: Es gibt keine Patentlösung sondern viel Frust (für Anwender) und harte Arbeit (für Entwickler und Produktmanager). Der Umgang mit der Geräte- und Verwendungsvielfalt mausert sich zu einem wichtigen Feld für den Wettbewerb in den nächsten Jahren.